Suchtfördernde Eigenschaften von Streaming
Welche Dark Patterns und suchtfördernden Eigenschaften es gibt und wie sie dafür sorgen, dass Du möglichst viel Zeit mit dem Angucken von Serien, Filmen und Clips verbringst und dabei noch möglichst viel Geld ausgibst, findest du auf dieser Seite.
"Time Patterns": Schaust Du noch?
Hierbei handelt es sich um Eigenschaften von Video-Streaming-Diensten, die dafür sorgen, dass Du möglichst viel Zeit mit dem Anschauen von Filmen, Serien oder anderen Videos verbringst.
Jeder Video-Streaming-Dienst stellt mit Hilfe eines Algorithmus Berechnungen an, um dein Verhalten auf der Plattform zu analysieren. Der Algorithmus misst zum Beispiel, welche Inhalte Du anschaust und welche Du schnell wieder abgebrochen hast. Mit Hilfe dieser Informationen berechnet er, wie erfolgreich ein Video ist und schlägt dir andere Inhalte vor, die zu deinem Geschmack passen (z.B. „95% Übereinstimmung“). Diese Empfehlungen sind dafür da, deine Erfahrungen auf der Plattform einfacher und persönlicher zu machen. Sie können aber auch dazu führen, dass Du dort mehr Zeit verbringst, als eigentlich geplant.
Empfehlungen auf Grundlage einer Übereinstimmungsberechnung
Auf Video-Streaming-Diensten kann durch die große Menge an Inhalten schnell das Gefühl entstehen, dass die Mediathek unendlich lang ist. Es ist verlockend, stundenlang nach der nächsten spannenden Serie oder dem nächsten fesselnden Film zu suchen. Die riesige Auswahl an Inhalten kann es richtig schwierig machen, ein natürliches Ende zu finden.
Ist dir schon einmal aufgefallen, dass nachdem Du eine Folge oder ein Kurzvideo zu Ende geguckt hast, oftmals direkt ein neues Video startet? Diese Funktion nennt man Autoplay und findet auf vielen Streaming-Plattformen wie YouTube, Netflix oder auch Instagram Anwendung. Die Autoplay-Funktion mag für dich bequem sein, aber sie verführt auch dazu, dass Du mehr Zeit auf der Plattform verbringst. Du musst also gar nicht erst darüber nachzudenken, ob Du wirklich noch eine weitere Folge oder das nächste Video schauen möchtest. Die Entscheidung wird dir abgenommen.
Bei eingeschalteter Autoplay-Funktion wird die nächste Folge einer Serie automatisch abgespielt, wenn man dies nicht schnell genug verhindert.
Einige Video-Streaming-Dienste und auch Social Media Plattformen wie YouTube oder Instagram zeigen automatisch eine Vorschau von Video-Inhalten, auch wenn man sie noch nicht angeklickt hat. Das soll dir Lust machen, diesen Film, diese Serie oder dieses Kurzvideo als nächstes zu gucken. Und schon hast Du bereits eine lange Zeit auf der Plattform verbracht, obwohl Du die Serie oder das Video, das Du eigentlich gucken wolltest, noch gar nicht geöffnet hast.
Video-Streaming-Dienste wie Netflix, Disney+ und Amazon Prime Video, bieten die Möglichkeit, Inhalte automatisch auf dein Smartphone oder Tablet herunterzuladen. So ist auch offline immer schnell Nachschub verfügbar und die Versuchung größer, mehr Zeit auf diesen Plattformen zu verbringen.
Nach dem Starten eines Videos auf einem Video-Streaming-Dienst wird die Benutzeroberfläche ausgeblendet. Zu der Benutzeroberfläche gehört z.B. der Fortschrittsbalken, der anzeigt, wie viele Minuten das Video noch dauert. So kannst Du das Video ohne Ablenkung auf dem gesamten Bildschirm angucken. Gleichzeitig verlierst Du aber auch den Überblick über die Zeit.
Wusstest Du, dass Du dich jederzeit von einer Plattform, wie Netflix, YouTube oder Instagram abmelden kannst? Das kann dir beim nächsten Mal helfen, eine bewusstere Entscheidung zu treffen, ob du die jeweilige Plattform wirklich nutzen möchtest oder vielleicht nur aus Gewohnheit öffnest. Aber oft ist die Taste zum Abmelden nicht direkt in Sicht. Du musst dich erst durch die Einstellungen klicken, um sie zu finden. Viele bleiben dann einfach eingeloggt. Dadurch ist es aber auch, leichter neue Videos zu gucken.
Ein Cliffhanger ist ein besonders spannendes Ereignis am Ende einer Folge, Staffel oder eines Films. Beispielsweise steht die Hauptfigur vor einer großen Entscheidung oder etwas Unvorhergesehenes bahnt sich an. Die Auflösung der Spannung passiert erst in der nächsten Folge, Staffel oder Film. Wer neugierig ist und nicht abwarten kann, muss also direkt weitergucken. Durch die Verwendung von Cliffhangern in den Streaming-Produktionen kann unter anderem Binge-Watching begünstigt werden. Darunter versteht man, dass mehrere Folgen einer Serie direkt hintereinander geschaut werden. Ab und zu kann Binge-Watching mal entspannend sein, aber es sollte nicht zu oft vorkommen. Studien zeigen, dass vermehrtes Binge-Watching die Eigenschaften einer Sucht haben kann und mit psychischen Erkrankungen verbunden ist.
Früher musste man noch eine ganze Woche warten, bis die neue Folge einer Serie im Fernsehen lief. Heute wird die ganze Staffel oft auf einmal veröffentlicht. Das verleitet ebenfalls zum Binge-Watching, denn jemand, der/die z.B. die Geschichte einer Serie bereits kennt, könnte anderen die Handlung spoilern, d.h. verraten, wie es weitergeht. Unter einem Spoiler versteht man eine Information, die aussagt, wie die Handlung in einem Film oder einer Serie weitergeht. Damit es keine unangenehmen Überraschungen gibt, ist man also dazu verleitet, weiterzugucken.
Die Auswahl auf Video-Streaming-Diensten unterscheidet sich oft, weil nur manche Dienste mit einer Produktionsfirma für Filme und Serien einen Vertrag geschlossen haben. Zum Beispiel gibt es bestimmte Inhalte (wie Star Wars, Marvel, Disney) nur bei Disney+ zu sehen. Im Laufe der Zeit wechseln die Inhalte aber auch von einem Dienst zum anderen. Oder sie sind irgendwann nicht mehr verfügbar, weil die Lizenz des Video-Streaming-Dienstes abgelaufen ist. Auf den betreffenden Filmen und Serien wird dann zum Beispiel ein Banner mit der Überschrift „Letzte Chance“ eingeblendet. Unter Umständen muss man sich also beeilen, die Serie zu Ende zu gucken, bevor sie nicht mehr verfügbar ist. Eventuell verleitet es dich auch dazu, bei mehreren Streaming-Diensten gleichzeitig ein Abonnement zu haben, um auf deine Lieblingsserien immer Zugriff zu haben. Das kann sehr kostspielig werden.
"Money Patterns": Wer schauen will, muss bezahlen!
Hierbei handelt es sich um Eigenschaften von Streaming-Diensten, die deine Bereitschaft zu Geldausgaben erhöhen.
Video-Streaming-Dienste sind nicht kostenlos, sondern bieten ihre Inhalte hinter einer sogenannten pay wall (Bezahlschranke) an. Oft haben sie zudem verschiedene Abonnement-Stufen zur Auswahl. Jede Stufe bietet exklusive Vorteile, z. B. zusätzliche Inhalte, keine Werbung oder eine bessere Auflösung. Außerdem haben die Abonnements in der Regel eine Laufzeit von mindestens einem Monat und können nicht früher gekündigt werden. Um die ganze Auswahl zu haben, musst Du mehrere Video-Streaming-Dienste gleichzeitig abonnieren oder ein teureres Abonnement abschließen. Das treibt die Kosten schnell in die Höhe.
Viele Streaming-Abonnements können nicht direkt über die App gekündigt werden. Stattdessen muss die Kündigung z.B. auf der Internetseite des Anbieters eingereicht werden. Manche Video-Streaming-Dienste versuchen sogar während des Kündigungsprozesses, Kunden dazu zu bewegen, zu einem günstigeren Abonnement zu wechseln. Du brauchst also ein gewisses Maß an Disziplin, wenn Du dich dazu entscheidest, einen Video-Streaming-Dienst zu kündigen.
Viele Produktionsfirmen setzen vermehrt auf Produktplatzierungen. Das bedeutet, dass die Hauptfiguren in einem Film oder einer Serie die Kleidung einer bestimmten Marken tragen, das Auto einer bestimmten Marke fahren oder sich in einem Restaurant einer bekannten Fastfood-Kette treffen. Es ist also keineswegs Zufall, dass die Charaktere in deiner Lieblingsserie vielleicht immer eine bestimmte Sorte Cornflakes essen oder dauernd Outfits aus der neuesten Kollektion einer Modemarke tragen. Damit wird indirekt Werbung gemacht.
"Social Patterns": More like para-social patterns
Hierbei handelt es sich um Eigenschaften von Streaming-Diensten, die dein Interesse stärken, eine Serie oder einen Film zu schauen.
Kennst Du das Gefühl, wenn Du dich mit Figuren aus deiner Lieblingsserie stark verbunden fühlst und unbedingt wissen möchtest, wie es weitergeht? Dann befindest Du dich vielleicht in einer „parasozialen Beziehung“. Diese Art von zwischenmenschlichen Beziehungen fühlt sich zwar vertraut an, bleibt aber einseitig. Denn die Figuren sind nicht echt und Du hast keine Möglichkeit mit ihnen zu sprechen. Trotzdem kennst Du die Figuren gut und fühlst sich vielleicht als Teil der in der Serie dargestellten Gruppe. Das führt zu dem Gefühl von Verbundenheit, obwohl Du eigentlich nur einer ausgedachten Geschichte zuguckst. Die Verbundenheit mit Charakteren aus Serien und Filmen stellt außerdem die perfekte Grundlage für sogenannte Cross-Overs dar. Es tauchen zum Beispiel Figuren aus einer Serie in einer anderen Serie auf. Auf diese Weise wird versucht, die Fans einer Serie für eine andere Serie zu gewinnen. Erzählungen werden erweitert und die Einschaltquoten erhöht. Wenn Du also nichts verpassen möchtest, musst Du auch die andere Serie gucken.
Bestimmt hast Du auf Streaming-Plattformen schon einmal Rubriken gesehen wie „Top-10-Serien in Deutschland heute“. Hier werden dir besonders beliebte Serien und Filme angezeigt. Diese Empfehlungen können nützlich sein, um zum Beispiel besonders gut gemachte oder lustige Serien zu finden, die von den Zuschauer:innen gefeiert werden. Allerdings können diese Rankings auch Druck erzeugen, bestimmte Inhalte zu konsumieren. Es kann das Gefühl aufkommen, etwas zu verpassen, wenn man bei den neuesten und beliebtesten Serien nicht mitreden kann.
In letzter Zeit finden sich auf Video-Streaming-Diensten auch immer mehr Serien und Filme, in denen Du selbst Teil des Geschehens werden und in die Handlung eingreifen kannst. Diese sogenannten interaktiven Filme und Serien ermöglichen es dir mit zu entscheiden, ob die Hauptfigur z.B. in einen gruseligen Park einbiegt, statt denn Umweg über die helle Straße zu nehmen. Deine Entscheidung ändert also die Handlung und fesseln dich unter Umständen länger an den Bildschirm.
Beispiel für eine interaktive Serie auf Netflix
Ansonsten sind interaktive und soziale Funktionen bei Video-Streaming-Diensten eher selten. Man kann zwar Inhalte liken, aber nicht mit anderen Nutzer:innen in Kontakt treten. Im Gegensatz dazu sind Social Media Plattformen auf soziale Interaktionen ausgelegt, z. B. durch die Möglichkeit, Inhalte anderer Nutzer:innen zu liken, zu kommentieren, zu teilen und ihnen zu folgen. Mehr über die suchtfördernden Eigenschaften von sozialen Medien findest Du hier.